HANSUELI STETTLER

Die Deponie im Tüfentobel besteht seit 1967. Sie kann heute unverschmutzten Aushub, inertes Material aus Abbrüchen und in einer separaten Abteilung am Talanfang auch instabile Materialien, sogenanntes Reaktormaterial aufnehmen.
Die Deponie sei nun sehr viel früher als vorgesehen gefüllt, wurde vom Stadtrat mitgeteilt. Darum suche man zusammen mit dem Kanton eine neue Lösung, z.B. im Tal der Steinach, bei Mörschwil.

Eine Deponie steht somit am Anfang wie am Ende der heutigen Bauprozesse – gänzlich eingebunden in die allgemeinen gesellschaftlichen Prozesse … und den in unserer Gesellschaft geltenden Mechanismen. Da gibt es bekanntermassen vorbildliches und weniger vorbildliches Verhalten: einige Betriebe der Branche sortieren bereits Bauabfälle gründlich. Trennen die vielen Wertstoffe wie Metalle (Eisen, Chromstahl, Kupfer, Messing, Kunststoffröhren vom mineralischen Deponiegut, entfernen brennbare Kunststoffe, nutzen Holz als Brennstoff, brechen Betonabbruch und verwenden beides wieder. Auch Gärtnereien müssten grundsätzlich keinen Humus oder Pflanzenreste in die Deponie liefern…

 

Andere Betriebe wiederum scheinen sich hingegen buchstäblich einen Dreck um die gültigen Vorschriften zu kümmern. Und solche sind offensichtlich auch heute noch im Tüfentobel als Lieferanten willkommen. Das hat letztlich schwerwiegende Rückwirkungen auf die ganze Baubranche, die ja heute nicht mit wenigen Problemen kämpft; eines der wichtigsten davon ist das unqualifizierte Personal aus entfernten Regionen Europas. Eine konsequente Rückmeldung über die Probleme mit dem Abfall an die zuständigen Firmenchefs kann und wird bewirken, dass sich auf den Baustellen und in den Recyclingbetrieben sehr vieles zum Bessern verändert, und die Sorgfalt bei der Arbeit auf den Baustellen wieder zunimmt. Dies ist kein zu vernachlässigendes Thema, weil es auf dem Bau immer wieder vorkommt, dass die bei bereitgestellten Inertstoff-Mulden mit gefährlichen Stoffen beschickt werden. Oder in den Misch-Mulden, die zum Sortieren gedacht sind, aus Bequemlichkeitsgründen auch Fluoreszenzröhren und Behälter mit undefiniertem und giftigem Inhalt landen, die bei den Entsorgungsbetrieben Probleme verursachen.

Im folgenden Beitrag kommen darum auch gute Gründe und Lösungen, auch unsere Deponiepraxis umgehend und gründlich zu verbessern.

Volumen besser steuern

Das Volumen hat explosiv zugenommen. Teils durch Grossbauten (Fachhochschule, Bundesgericht, Glasfasernetz), teils durch Schliessung anderer Deponien. Durch konsequente Trennung der Abfälle hätte das Volumen etwas reduziert werden können. Gemäss TVA (Technische Verordnung über Abfälle vom Jahr 1990, Art. 10) gilt das Vermischungsverbot, wenn es zur Verdünnung oder zur Umgehung von weiteren Auflagen praktiziert wird.

Es besteht auch das Verwertungsgebot: den Betrieben kann die Auflage gemacht werden, die weitergehende Wiederverwertung der Materialien vorzunehmen. So können im Shredder gebrochene Mauerteile zum Pistenbau, Betonbruch in Betonmischanlagen wiederverwendet werden. Angliederung von leistungsfähigen Metallabscheidern und rigorose Elimination von Kunststoffteilen sind Massnahmen, die sich über die erzielbaren Einnahmen langfristig refinanzieren.

Falschanlieferungen unterbinden

Eternit (und andere asbesthaltige Baustoffe) dürfen seit einigen Jahren nicht mehr gemischt deponiert werden. Der Vorgang ist an sich klar definiert: die Anlieferung muss in geschlossenen Behältern erfolgen. Jede weitere mechanische Bearbeitung/Behandlung, bei der Fasern freigesetzt werden könnten, ist untersagt. Durch die heutige Praxis - das Befahren von Baupisten, die solche Eternitplatten und – röhren enthalten, wird sicher Asbest freigesetzt, ebenso durch die laufenden Umlagerungen oder Veränderungen dieser Pisten. Die Freisetzung der Fasern gefährdet somit die Fahrer der Bulldozer und der Lastwagen, die die Deponie befahren sowie die Anwohner Engelburgs, die in der Windrichtung der Deponie leben. Das BAFU schreibt, dass beim Ablagern und Einbau in die Deponie Staubentwicklung vermieden werden muss. Der Kanton untersagt aus Gründen der möglichen Freisetzung von Fasern und der Gefährdung des Personals darum auch die Anlieferung von verpackten Asbestabfällen und Schutzkleidern von Sanierungen in die Kehrichtverbrennung.

Die Anlieferung von Asbest haltigen Abfällen muss demzufolge in Plasticsäcken oder in “big bags“ erfolgen, die gemäss den Reglementen umgehend mit feinkörnigem Material bedeckt werden müssen. Im Tüfentobel werden auch heute noch Eternitabfälle offen abgekippt.

Ob das Material den Vorschriften entsprechend immer mit geschlossener Blache quer durch die Stadt transportiert wurde und auch genügend angefeuchtet war, muss bezweifelt werden. Durch den Abrutschvorgang im trockenen Zustand werden grosse Fasermengen freigesetzt. Gemäss SUVA darf nach der sachgerechten Demontage von Eternitplatten und der staubdichten Anlieferung keine Umschichtung auf der Deponie stattfinden, das Material nicht gebrochen, zerschlagen und unbedeckt verdichtet werden… Wie erklärt sich ein Waldarbeiter, der in 20 bis 30 Jahren an einem Mesotheliom erkrankt, die Ursache? Erinnert er sich wohl, dass er anno 2013 neben der Deponie Tüfentobel einmal Bäume gefällt hat? Die SUVA wird sich extrem schwertun, seine Krankheit dannzumal als Berufskrankheit einzustufen…

tuefentobel4

Bild 11: Weichasbest auf der Piste zu den Waldarbeiten, 18.11.2013:

Diese Feuerschutzplatte wurde offensichtlich bereits auf dem Bau nicht sachgerecht behandelt, das heisst, die Arbeiter hat sich bei der Demontage ziemlich sicher grossen Krebsrisiken ausgesetzt. Eine Durchsetzung der geltenden Gesetze bedeutet hier mit Sicherheit in der Folge weniger Gesundheitskosten.

tuefentobel1

Bild: Piste mit asbesthaltigem Bauschutt, 18.11.2013

Reaktormaterial trennen und in den richtigen Kanälen wiederverwerten

Reaktormaterialien sind Stoffe, die im Lauf der Zeit reagieren, d.h. ihren Zustand verändern. Sie sind in einer Deponie schwierig zu handhaben ist, weil sich Senkungen und Verschiebungen ergeben können. Durch Verrottungsvorgänge werden Gase freigesetzt, es entstehen unerwünschte Auswaschungen durch Sickerwasser. Auch heute noch werden Dämmstoffe wie Kork, Styropor und Glaswolle angenommen und abgelagert. Auf der seitlichen Reaktor-Deponie des Tüfentobel sind auch Gummiteile und textile Gewebe zu finden, obschon brennbare Bauabfälle gemäss TVA nicht deponiert werden dürfen.

tuefentobel2

Bild: Geotextilrollen, ganz ungebraucht und eigentlich noch verwendbar..

Gips, Gipsplatten

In heutigen Bauten wird aus Gründen der Zeitersparnis und der Kosten sehr häufig mit Leichtbausystemen gearbeitet. Gipsabfälle lassen sich seit Jahren mit gutem Erfolg recyclieren. Und zwar zu 100%. Kostenneutral oder sogar wesentlich günstiger, wenn die Deponiekosten korrekt angesetzt würden. Gips hat auf einer heutigen Deponie nichts mehr verloren.

tuefentobel3


Aussichten

Die Deponie kann mit einer deutlich verbesserten Abfalltrennung und der Erhöhung der Recyclingquote beim Baugewerbe sicher länger betrieben werden, als jetzt befürchtet wird.

Der Bau-Boom, der im Jahr 2007 begann, wird auch wieder abflachen, der heutige Trend ist bereits ziemlich klar: die bevorstehende Anpassung der Zinsen wird die Baukonjunktur wieder auf ein vernünftiges Mass zurückführen. Den gleichen Effekt hat die kürzlich erfolgte Erhöhung der Deponiegebühren.

Eine zeitgemässe Förderung des öffentlichen Verkehrs bewirkt eine Entlastung beim Garagenbau, ein sehr wichtiger Faktor bei der Anlieferung von Aushub. Die Fachhochschule mit den nun durch die Auslastung belegten notwendigen 2 Garagenebenen hätte 30’000 m3 weniger in die Deponie geliefert, d.h. eine Reduktion der damaligen Jahresanlieferung von über 10 % bedeutet…

Zukunft:
Vernetzung der Deponie mit dem vorläufig reduzierten Geothermieprojekt

Die Deponie kann im Weiterbetrieb der nächsten Jahre bis zum Endausbau mit einfachen Mitteln zu einem saisonalen Energiespeicher erweitert werden: es geht dabei darum, die überschüssige Sommerwärme in den Winter zu „retten“. So etwas funktioniert - ohne eine meterdicke Dämmung, wie sie bei den Nullenergiehäusern des Solarpioniers Josef Jenny eingesetzt wird – nur mit sehr grossen Volumen wirtschaftlich, weil die Energie an den Rändern des erwärmten Erdreichs laufend abfliesst.

Dabei werden im Deponiekörper lageweise Wasser-Leitungen als letztlich dreidimensionales, horizontales Erdregister eingebaut. Es finden keine senkrechten, aufwendigen Bohrungen wie bei herkömmlichen Sonden statt. Diese können im Sommer die überschüssige Mitteltemperatur-Wärme (50-30 Grad) aus der wenige hundert Meter entfernten Geothermiebohrung und allenfalls Spitzenenergie der KVA ans Erdreich zur Lagerung abführen. Im Winter steht dann ein immenses Wärmereservoir mit vielleicht im Endausbau drei bis vier Millionen m3 Inhalt erwärmten Erdreichs zur Verfügung. Damit liessen sich Niedrigenergiehäuser direkt, unsanierte Altbauten mit viel kleineren Wärmepumpen mit sehr hohem Wirkungsgrad beheizen. Solche Pufferspeicher testet die ETH mit Prof. Leibundgut heute bereits in mehreren Pilotprojekten. Leibundgut beziffert die Kosten für die Speicherung von Energie in saisonalen Erdspeichern auf Fr. 2.- / kWh - dies bei allerdings (sehr) kleinen Dimensionen im MFH und Geschäftshausbereich (Seite 67 in diesem Dokument). Im Nachbarland, in Baden-Württemberg, wird ab 2017 mit Nachdruck an saisonalen Wärmespeichern geforscht...

Ich bin überzeugt, man könnte den Preis in der Grösse eines Faktors 10 drücken, wenn man im viel grösseren Massstab – die Deponie könnte noch mit einer leichten Erhöhung gegenüber dem Abschlussprojekt 2003 - ein Volumen von gut 800 x 150 x 25 m in offener Bauweise neu aufschichtet. Dies ergibt eine mögliche Speichermasse von 3 Millionen m3. Wenn die Baukosten pro kWh aus dem Erdspeicher nur noch 0.20 Fr. betragen, können bei den aktuellen Fernwärmepreisen (78.- / MWH) sehr schnell auch grössere Summen amortisiert werden. 

Die Geothermie, auch wenn sie nicht im erhofften Rahmen erfolgreich sein sollte, könnte so ihren eigenen Wirkungsgrad – sicher auch bezüglich der Nutzung unserer Steuergelder – um ein paar entscheidende Prozentpunkte erhöhen. Das wäre ebenso eine kleine, zukunftsträchtige Kompensation für die benachbarten EngelburgerInnen und die durch die Erdbeben irritierten Anwohnerinnen. Und wie immer bei solchen Massnahmen, wäre die Umwelt ein Stück weit entlastet.

www.busy.arch.ethz.ch/education/arch_bach/tech_inst_I/05_IHK_121122.pdf

 

22.1.2014 / ergänzt um Saisonspeicher BW am 22.1.17
Hansueli Stettler
Architekt und Bauökologe
Lindenstr. 132
9016 St.Gallen.



Submit to FacebookSubmit to Google PlusSubmit to TwitterSubmit to LinkedIn